Diesmal hatte Spielleiter Werninghaus das richtige Näschen, und im Internet wurde er fündig, als es darum ging, das diesjährige Ausflugsziel zu finden. Das Landhotel Grashof, 20 Autominuten vom Hauptbahnhof Fulda entfernt, erfüllte alle vorher gehegten Wünsche und trug seinen Teil zu einem gelungenen Seminar bei.
Die Anfahrt war schnell geklärt, J.Beckers hatte für das Gros Fahrkarten der Deutschen Bundesbahn geordert. Wir stiegen in Kassel in den Zug unseres Referenten P.Becker um. Das Hotel holte uns mit 2 Kleinbussen ab und brachte uns unfallfrei (das war aber knapp) nach Grashof. Schachfreund Kaß fuhr wiederum mit dem Auto und nahm neben 2 Vereinskameraden erneut Spielmaterial und Demobrett mit. Der Vorsitzende Gravekarstens entschied sich auch für den PKW, nach einer unfreiwilligen Erkundungsfahrt der näheren Umgebung erreichte er mit Glittenberg und Wegner an Bord auch noch pünktlich unser Ziel.
Die frühe Ankunft ließ viel Zeit für das Beziehen der Zimmer, Lanwehr war so angetan von seiner "Suite", das er erst nach ausgiebigem Stöbern in unterwegs gekauften Schachzeitungen die gemütliche Sitzecke in seinem Zimmer verließ. Da hatte P.Becker schon von seinen Erlebnissen aus der Mongolei erzählt, die er gerade zum Abschluss einer mehrmonatigen beruflichen Reise erkundet hatte. Vor allem seine ausführlichen Schilderungen, wie in der Mongolei z.B. eine Ziege getötet, in eine große Milchkanne gestopft und dann über dem offenen Feuer 4 Stunden mit Haut und Haaren gekocht wird, beeindruckten doch sehr. Die mongolische Tradition, ein Tier aus Achtung immer nur komplett zu essen, machte richtig Appetit auf das reichhaltige Büffet zum Abendbrot. Manch einer war erleichtert, das es keine Augen oder Hufe gab....
Zimmer der Spielleitung
Das bequeme Bett, die Sitzecke ist hinten links
Hinter der Tür ist das WC
Bei der Weite sind die beiden Hornspieler kaum zu sehen
Donnerstag
Das Seminar begann mit einer schachlichen Einstimmung nach dem Abendessen. Das Seminarthema war "Starke Felder - starke Ideen". Unser Referent Becker begann mit einer beeindruckenden Stellung: Weiss: Kf1, Th6, Lc1, Bb4, e2; Schwarz: Kh8, Td5, Lh2, Bf2, f2. Nachdem jeder den 6-zügigen Gewinn nachvollziehen konnte, ging es mit 2 thematischen Kurzpartien weiter (z.B. Schach 5/2006 S.41).
Die Kegelbahn war defekt, aber es gab Kartenspiele. Schnell fanden sich die üblichen Verdächtigen zu Doppelkopf und Skat zusammen. Es entwickelte sich vor allem eine der Doppelkopfrunden zu einer Analogie des letzten Seminars in Malente, die in dem Spruch "Himmel hilf, ich spiel mit Schleif" gipfelte. Aber das sollte sich am kommenden Abend noch steigern. Zudem rächte sich bei dem ein oder anderen der nachmittägliche Bierkonsum, so schlief der schwergewichtigste unter den Skatbrüdern in der laufenden Runde am Tisch ein!
Freitag
Dameninisch stand nach dem Frühstück auf dem Programm, eine Eröffnung, die von den Anwesenden keiner zu seinem Standardrepertoire zählt(e). Nach der allgemeinen Einführung wurden die Ideen anhand aktueller Beispielpartien (Topalov-Aronjan, Schach3/2006; Kozul-Naiditsch, Schach5/2006) vertieft. Nach dem reichhaltigen Mittagessen (wie jede warme Mahlzeit mit 3 Gängen) gab es ein paar Endspielstudien zum Wachwerden und dann ein Schnellturnier zum Thema "Damenindisch".
Relativ nüchtern begannen ab 19:30 Uhr die üblichen Runden mit dem Kartenspiel. Schnell wurde die Doko-Spielweise von Schleif als die eines Skatspielers entlarvt, und nach dem zweiten verlorenen Solo wurde das "Glücksschwein" auf "Sparschwein" umgetauft. Nach fast jedem Spiel brüllten sich die Doko-Freunde in einer Lautstärke an, dass einem Angst und Bange werden konnte, blieben dabei aber (vor allem nach dem Gewinn) gutgelaunt. Der Spruch des Abends kam von Spielleiter Werninghaus: "Ich bin vom Lachen schon ganz heiser".
Der Rücken von Kiebitz Hirschler, Becker, Schleif und Wahle.
Grawe, Doko-Spieler Werninghaus, Beckers, Zillich und Schleuß
Samstag
Fast vollständig erschienen alle Teilnehmer um 9:00 Uhr zur nächsten Einheit Schach. Grawe gab sein Bett zur Reparatur, der Lattenrost brach gleich an drei Stellen (es wurde gemunkelt, dass ihm sein ständiger Zimmernachbar Kuttnick fehlte, der diesmal wegen des Geburtstags seiner Frau nicht dabei sein konnte). Und Schleuß brachte ("ohne eigenes Zutun") das WC zum Überlaufen. Nachdem das halbe Zimmer geflutet war, wurde er in einem anderen Flügel (in der "Oase") untergebracht.
Das Seminarthema wurde zuerst im Sweschnikow-Sizilianer vertieft (Leko-Radjabow, Schach4/2006). Aber auch mit Najorf sowie dem Morra-Gambit galt es, starke Felder zu entdecken und zu nutzen.
Das Mittagessen gab es wie schon gewohnt à la carte, aus 6 Gerichten konnte sich jeder das Passende aussuchen. In der Mittagspause war es das erste Mal möglich, trockenen Fusses an die frische Luft zu kommen. Allerdings blieb bei den regendurchweichten Waldwegen der Fuß nicht lange trocken.
Nachmittags wurde das Seminarthema am Beispiel "Französisch" variiert. (Schirow-Gurewitsch, Schach1/2006; Unzicker-Donner, Schach 6/2006; Fischer-Tal 1960). Unser Referent kann bei dieser Eröffnung auf eigene langjährige Erfahrung zurückblicken. Es blieb noch Zeit für Schneider-Grafl (Schach1/2006) mit Holländisch.
freudestrahlend im Seminarraum, ganz links Schleif
Peter Becker
in der (Raucher-)Pause: Grawe, Schleif, Zillich, Beckers, Wahle, Labsch
Der letzte Abend hatte es dann noch einmal in sich. Zum einen gab es ein sehr gutes warmes Abendbrot, und danach setzten sich die eingespielten Skat- und Doko-Runden wieder an den Tisch. Hoch gings her, und ab 1:30 Uhr war kein regelgemäßes Spiel mehr möglich, weil die vielen ausgegebenen Runden eben überwiegend alkoholischer Natur gewesen waren. Der Chronist sah manchen mit Schlagseite zum Zimmer wanken, aber auch das immergrüne Duell:
Labsch gegen Heinrich
Sonntag
Am Sonntag Morgen gab es im Teilnehmerfeld doch einige Lücken. Die gewohnten Knobelaufgaben hatten die meisten Schachfreunde zum Glück schon am Abend vorher gelöst, so kamen die richtigen Lösungen doch noch in einer akzeptablen Geschwindigkeit. Ob die kernigen Merksätze unseres Referenten zum Bauernendspiel aber heute noch aus den Köpfen der Teilnehmer abrufbar sind, darf getrost bezweifelt werden. Der Referent fesselte die Aufmerksamkeit geschickt mit interessanten Kurzpartien (Knaak-Smeets, Schach11/2005; Yermolinski-Fillipow, Schach2/2006; Zuckertort-Andersen 1865; Andersen-Lange). Allerdings sah P.Becker nach einigen Versuchen ("Warum e5?" Antwort: "Ach, nur so") von der aktiven Einbeziehung der Teilnehmer ab. In der Pause machten sich manche auf die Suche. Der letzte Fehlende wurde beim Kaffee am Tresen ("ins Zimmer gehe ich nicht mehr, ist eh kein Klopapier mehr da") gesichtet. Er wunderte sich über seine Rechnungshöhe (die anderen nicht ob der vielen Freigetränke am vorherigen Abend) und fragte sich, wer des nachts noch 2 Stücke Kuchen auf seine Rechnung gegessen hatte.
Nächtes Jahr wieder zu Christi Himmelfahrt, so ist es schon beschlossen, vielleicht nach Oberhof, Naumburg, an die Mosel oder zu einem anderen Ziel. Aber es wird wieder ein Seminar geben, vermutlich das 19. mit Peter Becker. Auf der Rückfahrt nahm sich die Bahn die obligatorische halbe Stunde Verspätung, aber alle kamen wohlbehalten wieder nach Hause zurück.